Ornamentsammlung
Die Ornamentsammlung war vermutlich der Teil der Wredow-Kunstsammlung, der am unmittelbarsten für den Unterricht in der Zeichenschule genutzt wurde. Da es dort zunächst vorrangig um die künstlerische Ausbildung von Handwerkern und Industriearbeitern ging, waren Abbildungen von Objekten des Kunsthandwerks, Dekorationen und architektonischen Schmuckelementen gefragt, die von den Kursteilnehmern als Vorlagen und Anregungen für eigene Arbeiten genutzt werden konnten. Der überwiegende Teil der etwa 3.900 Blätter (zumeist Kupferstiche und Drucke) wurde auf Pappunterlagen einheitlicher Größe fest aufgelegt und in einem speziell angefertigten Schrank verwahrt, um eine einfache Verwendung während des Zeichenunterrichts zu gewährleisten. Diese Bedeutung der Ornamentsammlung als Unterrichtsmaterial kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie der erste (und einzige) Teil der Gesamt-Sammlung war, zu dem ein Verzeichnis publiziert wurde – und zwar unmittelbar nach der 1883 erfolgten Gründung der Stiftung durch August Wredow (Lehfeld 1884).
Ornamentaler Schmuck spielte für die Kunstgewerbe-Bewegung des 19. Jahrhunderts, der die Wredowsche Zeichenschule zuzurechnen ist, eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Handwerks- und Industrieprodukten sowie Innen- und Außenarchitektur als „künstlerisch wertvoll“. Diese Auffassung prägte noch den Jugendstil an der Wende zum 20. Jahrhundert und wurde erst allmählich von dem Designleitsatz der Moderne, wonach die Form der Funktion folgt (form follows function), verdrängt. Die Lehrkräfte an der Wredowschen Zeichenschule waren, nach derzeitigem Erkenntnisstand, keine Anhänger des Bauhaus-Stils, der diesen Gestaltungsgrundsatz zum „Verzicht auf jegliches Ornament“ zuspitzte. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass ihre Schülerinnen und Schüler weiterhin auch nach Ornament-Vorlagen aus der Wredow-Sammlung arbeiteten – einige aus den 1930er Jahren überlieferte Schülerarbeiten deuten darauf hin.
Heute stellt die Ornamentsammlung mit ihren Objekten aus vier Jahrhunderten einen wertvollen Fundus zum Verständnis der Kunstauffassung August Wredows und seiner Zeitgenossen und darüber hinaus zur Entwicklung von Designvorstellungen seit der Renaissance dar.
Die Ornamentsammlung wurde 2020 und 2021 im Rahmen eines vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg geförderten Projektes digital erschlossen.
Die Ornamentsammlung bei museum digital Brandenburg